Übersicht zu Fachbegriffen der Anti-Kohlearbeit

Kohlelexikon

Ob es um die Planung von Tagebauen oder die Umrüstung von Kohlekraftwerken geht: Der Kohleausstieg kann ganz schön fachlich werden. Wir erklären einige der wichtigsten Begriffe.

Biomasse

Dieser Begriff umfasst tierische und pflanzliche Erzeugnisse, die energetisch verwertet werden können. Biomasse kann, neben anderen erneuerbaren Energiequellen, die Energieversorgung auch ohne Kohle zuverlässig sicherstellen. Jedoch: Wird Biomasse nicht nachhaltig genutzt und kommt sie noch dazu in bestehenden Kohlekraftwerken zum Einsatz, ist für die Energiewende nichts gewonnen. Nachhaltig ist sie nur, wenn vorwiegend Rest- und Abfallstoffe aus dem räumlichen Umfeld der Biomasseanlagen genutzt werden. Für die Verfeuerung von Biomasse in Kohlekraftwerken würden sehr große Mengen an benötigt, die in Deutschland nicht nachhaltig gewonnen werden können. Werden für Holzpellets aber ganze Wälder gerodet oder wird Biomasse aus Übersee verschifft, schmilzt der Klimavorteil zur Kohle schnell dahin.

Bundesberggesetz (BBerG)

Das Bundesberggesetz regelt die Aufsuchung und Gewinnung von Rohstoffen in Deutschland und räumt dem Abbau von Bodenschätzen Vorrang gegenüber sämtlichen konkurrierenden Interessen ein.  Das Gesetz sieht vor, dass Menschen für die Erweiterung von Braunkohle-Tagebauen enteignet werden können, wenn die Braunkohle unter ihrem Zuhause für die Energieversorgung benötigt wird. Bislang haben Gerichte entschieden, dass das Ziel der Versorgung des Marktes mit Rohstoffen überragendes Gemeinwohlziel sei. Das Bergrecht enthält eine eigene Enteignungsregelung, die bergrechtliche Grundabtretung.

Ewigkeitskosten

Tagebaue greifen tief in Natur und Umwelt ein und verändern ganze Landstriche. Nach der Stilllegung und Renaturierung fallen weiter Kosten und Belastungen an, die sehr lange, wenn nicht für immer, bestehen bleiben. So soll die Spree dauerhaft gereinigt werden, um die Verockerung durch alte Tagebaue mit Eisen einzudämmen. Untergründe müssen stabilisiert und Grundwasser dauerhaft abgepumpt werden. Die von den Konzernen dafür zurückgelegten Gelder reichen voraussichtlich nicht aus, um diese Kosten zu decken.

Grundabtretung

Braunkohle-Unternehmen erwerben vom Staat eigentumsgleiche Gewinnungsrechte an unterirdischer Braunkohle unabhängig davon, wem das darüber liegende Grundstück gehört. Möchte ein Bergbauunternehmen die Braunkohle fördern, kann es einen Antrag auf Grundabtretung stellen. Die Versorgung mit dem Rohstoff Braunkohle galt bislang als Gemeinwohlziel, welches die Enteignung von Privatpersonen zu Gunsten von Energiekonzernen juristisch rechtfertigt. Ein veraltetes Bergrecht stellt bislang sicher, dass Landesregierungen bergbautreibenden Unternehmen den Zugang zu Braunkohlevorkommen zusichern und betroffene Grundeigentümer*innen enteignen können. 

 

Konversionen/Fuel-Switch

Ehemalige Kohlekraftwerke können zu Biomasse- oder Erdgaskraftwerken umgebaut werden. Klingt sauber, hat aber mehrere Haken: Gas ist wie Kohle oder Öl ein fossiler Energieträger. Bei Produktion und Transport werden große Mengen an Methan freigesetzt, ein viel schlimmerer Klimakiller als CO². Zudem verlängert die Konzentration auf Gas das fossile Zeitalter. Investitionen in erneuerbare Energien, Speichermöglichkeiten und energetische Gebäudesanierungen werden ausgebremst.

Rahmen- und Hauptbetriebspläne

Die Genehmigung eines Tagebaus erfolgt durch Rahmen- und Hauptbetriebspläne, die von dem Bergbautreibenden Unternehmen aufgestellt werden. Der Rahmenbetriebsplan beschreibt das Vorhaben über einen längeren Zeitraum und umfasst auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Alle zwei bis vier Jahre müssen Hauptbetriebspläne aufgestellt und von der Bergbaubehörde genehmigt werden. Erst dann darf das bergbautreibende Unternehmen die Braunkohle abbauen.

Rekultivierung

Der Abbau von Braunkohle greift tief in die Umwelt ein. Landwirtschaftliche Flächen und Dorfstrukturen werden abgebaggert. Um einen Tagebau zu betreiben muss dauerhaft Grundwasser abgepumpt werden, sodass der Wasserhaushalt stark beeinträchtigt wird. Nachdem Braunkohle im Tagebau abgebaut wurde, müssen die zerstörten Flächen wieder nutzbar gemacht (rekultiviert) und der Wasserhaushalt saniert werden. Das ist die Zuständigkeit des Tagebaubetreibers. 

In Deutschland wurden ehemalige Tagebaue oft geflutet und so zu Restseen umgewandelt. Doch auch bei einer vollständigen Befüllung drohen Folgeschäden: In der Vergangenheit rutschen ganze Hänge, zum Teil mit Bebauung in den See. Bei Leipzig wurden Deformationen unter dem Fundament einer Schleuse im ehemaligen Tagebaugebiet festgestellt. Bei Versagen der Schleuse würde sich eine Flutwelle aus einem höher gelegenen See in Teile der Stadt ergießen. Oft entstehen zudem durch Kohlereste im Wasser Schwefelverbindungen. Die neuen Seen versauern. Und nicht zuletzt durch den Klimawandel verursachte Wassermangel machen es schwierig ehemalige Tagebaue mit genügend Wasser zu befüllen.

Rückstellungen

Um die vom Bergbau beanspruchten Gebiete wieder nutzbar zu machen und alle Folgeschäden zu beheben, fallen Kosten in Milliardenhöhe an und das über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten nach Auskohlung der Tagebaue. Die Folgekosten des Kohleabbaus muss nach dem Bundesberggesetz das Braunkohle-Unternehmen zahlen. Unternehmen müssen dafür sogenannte Rückstellungen bilden, sprich im laufenden Geschäft ein Sondervermögen für die Folgekosten bereithalten. Es ist aber nicht sicher,  dass die Kosten tatsächlich von den Unternehmen durch die Rückstellungen getragen werden. Dafür gibt es viele Gründe: Das größte Risiko sind die mangelnde Konzernhaftung im Falle einer Insolvenz und die schlechte wirtschaftliche Lage der Braunkohle-Industrie. Außerdem sind die langfristigen Kosten der Wiedernutzbarmachung der Braunkohlegebiete, sowie das Risiko möglicher Kostensteigerung, bis heute unklar. Verbände fordern deshalb seit Jahren die Kohleländer dazu auf, Folgekosten für die Tagebaue zu sichern und die öffentliche Hand vor diesen Kosten zu schützen.

Verockerung

Diese Braunfärbung von Wasser ist eine Folge des Braunkohletagebaus und vor allem bei der Spree zu beobachten. Für die Tagebaue muss der Grundwasserspiegel massiv abgesenkt werden. Der im Boden enthaltene Schwefelkies reagiert mit Sauerstoff, es bildet sich Sulfat und Eisen. Nach Schließung des Tagebaus steigt das Wasser wieder. Sulfat und Eisen werden ausgewaschen, das Eisen oxidiert und setzt sich als sogenanntes Eisenocker am Grund des Gewässers ab und färbt es braun. Wasserpflanzen können nicht mehr wachsen. Krebse und Insektenlarven finden wegen des Schlamms keine Nahrung mehr am Flussgrund. Dadurch werden wiederum Fischen und anderen größeren Tieren die Nahrungsgrundlage entzogen.